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Zum Tod von Peter Fonda

So schwer, so leicht

Er protestierte in Hollywood, verachtete viele Konventionen und arbeitete sich zuletzt an Donald Trump ab. Peter Fondas Weg war das Gegenteil von geradlinig. Nachruf auf eine Ikone der Gegenkultur.
DPA
Es ist das erste, was Peter Fonda alias Wyatt in "Easy Rider" tut: Er testet Kokain. Wyatt und sein partner in crime Billy ( Dennis Hopper) hocken mit einem Händler hinter einer einsamen Hütte an der mexikanischen Grenze und wickeln ein Drogengeschäft ab.
Kurz darauf verschachern sie das Koks an einem Flugplatz an einen Dealer, der Krach der landenden Maschinen füllt die Tonspur aus. Und dann, noch vor dem Vorspann mit seiner legendären, generationsdefinierenden Parole "Born to be wild", singen Steppenwolf die ersten Zeilen aus ihrem Song "The Pusher": "You know I've smoked a lot of grass / Oh lord I've popped a lot of pills / but I've never touched nothing / that my spirit could kill."
Diese Zeilen beschreiben auch den Menschen Peter Fonda, der am Freitag Morgen 79-jährig in Los Angeles an den Folgen von Lungenkrebs starb, ganz gut. Sein Spirit, seine Lebensgeister waren oft gefordert. Einfach hatte es der Schauspieler, dessen gemeinsam mit Hopper verfasstes Drehbuch für "Easy Rider" ihm eine Oscarnominierung einbrachte, Zeit seines Lebens nicht.
Mit seinem Vater, der Hollywoodlegende Henry Fonda, verband ihn eine schwierige, von mangelnder Kommunikation und unterdrückten Gefühlen geprägte Beziehung. Und seine psychisch instabile Mutter Frances hatte sich während eines Aufenthalts in einer Heilanstalt umgebracht. Da war Peter gerade zehn Jahre alt, seine Schwester Jane 13. Die Familie sprach dem Jungen gegenüber von einem Herzinfarkt. Erst zehn Jahre später fand er durch Zufall heraus, was wirklich passiert war. Das schrieb Fonda in seinen Memoiren "Don't Tell Dad", in denen er auch die schmerzhafte Distanz zu seinem Vater beschreibt.
Weitere traumatische Erfahrungen prägten die Kindheit und Jugend des schlaksigen Jungen, der von seinem Vater den sensiblen Blick aus langbewimperten Augen geerbt hatte. In seiner Biografie beschrieb Fonda häusliche Gewalt durch den Vater und die schockierend unsensible Behandlung durch einen Internisten bei einer Untersuchung.
Mit elf Jahren schoss er sich versehentlich in den Bauch und verletzte sich lebensgefährlich. Angeblich inspirierten seine Worte "I know what it's like to be dead" Jahre später, bei einem gemeinsamen LSD-Trip mit John Lennon, den Musiker zu dessen Song "She Said She Said".
Dass er in einem Hollywoodhaushalt aufwuchs, bestimmte dennoch seinen weiteren Weg. Nachdem er schon während der Schulzeit Theater gespielt hatte, stand er mit 20 auf verschiedenen Broadway-Bühnen. Mit 23 Jahren erspielte er sich in seiner zweiten Kinoarbeit, dem aus dem zerstörten Europa erzählten Antikriegsfilm "The Victors", in einer Nebenrolle eine Golden-Globe-Nominierung als "Most Promising Newcomer".
Schon drei Jahre später war Fonda eine etablierte Ikone der Gegenkultur, die sich einen Dreck um eine regelkonforme Filmkarriere nach väterlichem Vorbild zu scheren schien: 1966 wurde er im Zuge der Hippie-Proteste auf dem Sunset Strip in Hollywood verhaftet. Im gleichen Jahr gab er im legendären Roger-Corman-B-Movie "The Wild Angels" einen Hells Angel.
Ein Jahr später wählte Corman ihn für seinen psychedelisch-authentischen Drogenfilm "The Trip" nach einem Drehbuch von Jack Nicholson. Nicholson spielte auch in "Easy Rider" mit - der dramaturgisch erratische, aber den Zeitgeist perfekt einfangende Film katapultierte NicholsonHopper und Fonda endgültig in die Ecke der "jungen Wilden", mit deren Coolness, Unbeugsamkeit und Stil sich die gesamte Hippie-Generation identifizieren konnte.
So hatte Fonda als Außenseiter seinen Platz in der Gesellschaft gefunden. Seine Schauspielkarriere entwickelte sich einigermaßen stetig, in den folgenden Jahren spielte er Haupt- und Nebenrollen und betätigte sich als Regisseur.
Als er 1979 nach Jahren des Schweigens seinen Vater Henry für den von Fonda in dessen dritter Regiearbeit inszenierten Neo-Western "Wanda Nevada" kontaktierte, kam es zu der von Peter langersehnten Wiedervereinigung von Vater und Sohn. Henrys Auftritt in dem dramaturgisch etwas zähen Film war kurz, doch die Verbindung der beiden hielt an, und die tränenreiche und emotionale Versöhnung zwei Jahre vor dem Tod Henrys war für seinen Sohn extrem wichtig.
Peter selbst war damals bereits Vater von zwei Kindern, der 1964 geborenen Bridget und dem 1966 geborenen Justin, die beide mehr oder weniger erfolgreich die schauspielerische Tradition der Fonda-Familie fortsetzten. Die Ehe zwischen Peter und Susan Brewer, der Mutter von Bridget und Justin, hatte bis 1974 gehalten. Danach heiratete Fonda noch zweimal, das letzte Mal im Jahr 2011 die 13 Jahre jüngere Margaret DeVogelaere.
Für die hochsensible und anrührende Darstellung in "Ulee's Gold" von Victor Nunez wurde Fonda im Jahr 1997 mit seiner zweiten Oscarnominierung geehrt - seiner ersten als bester Schauspieler. Der Film erzählte von einer komplizierten, durch die Drogenabhängigkeit der Schwiegertochter gestörten Familienbeziehung. Ein Thema, dessen Nähe zu eigenen familiären Erlebnissen Fonda sichtlich berührte.
Als Bienenzüchter steht er in dem nachdenklichen Drama im weißen Imkerschutzanzug wie ein Astronaut entrückt im Feld - und macht seine Gefühle dennoch bis ins Mark spürbar. In Steven Soderberghs Ã¤sthetisch herausragendem Neo-Noir-Actionfilm "The Limey" spielte er zwei Jahre später dagegen ebenso eloquent einen absoluten Kotzbrocken - einen windig-attraktiven Hollywoodproduzenten mit demensprechender Villa, dessen zu junge Freundin angeblich tödlich verunglückt ist, und der sich danach mit dem Zorn ihres kriminellen Vaters (Terence Stamp) konfrontiert sieht. Das Zusammentreffen zwischen Stamp und Fonda, den beiden Outsider-Posterboys der jeweiligen Gegenkulturen Großbritanniens und der USA, ist eine schauspielerische Wucht.
Peter Fonda, dessen politische Haltung sich zuletzt 2018 in einem wütenden Tweet gegen Donald Trumps Immigrationspolitik Bahn brach, und der 2012 eine Dokumentation über die Bohrplattform BP Deepwater koproduzierte - und in dem Zusammenhang Barack Obama schwer kritisierte - trug Zeit seines Lebens sein Markenzeichen, die getönte Brille, die seine klaren Augen einrahmte. Auf Bildern sah man ihn oft stillvergnügt lächeln. Was er tatsächlich dachte, bleibt dahinter verborgen. Die Spirits schienen ihn jedenfalls bis zum Schluss nicht verlassen zu haben.

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