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Für immer Willie Tanner

Für immer Willie Tanner

"Damit muss Schluss sein!". Das war ein Standardsatz von Max Wright in der Rolle eines braven Familienvaters, wenn sein Haus-Alien Alf Chaos stiftete. Den Durchschnittsbrillo wurde Wright nie wieder los.
Schauspieler Max Wright: Choreografie aus Brüllanfall, Wut und schließlich eben doch Liebe.
ZUMA Press/ imago
Schauspieler Max Wright: Choreografie aus Brüllanfall, Wut und schließlich eben doch Liebe.
Als Zuschauer aus der Ferne kann man sich kaum vorstellen, was passiert, wenn eine fiktive Figur mit dem Menschen dahinter verschmilzt. Wenn er oder sie diese Rolle so überzeugend verkörpert, dass sie für immer an ihm oder ihr kleben bleibt wie ein pappiger Fliegenfänger, so sehr man ihn auch zappelnd abstreifen möchte: Wann kippt dann die Freude über die eigene Ikonisierung um - in Frust über die Betonierung zu Lebzeiten?
Max Wright wurde Willie Tanner nicht mehr los, diesen kreuzbraven, amateurfunkenden, miniatureisenbahnernden Durchschnittsbrillo und treusorgenden Familienvater, den er in 102 Serienepisoden von "Alf" spielte. Willie und der großnasige Flauschtyp aus dem All waren eines der vollendetsten Yin-und-Yang-Paare des internationalen Serienwesens.
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Max Wright: Immer am Limit
Jeder für sich alleine wäre auf seine eigene Weise komplett unerträglich gewesen: Der verhuschte Sozialarbeiter genauso wie der außerirdische Nervzottler. Zusammen tanzten sie eine Choreografie aus Provokation und Brüllanfall, aus Wut und schließlich eben doch auch Liebe. Willie Tanner lernte man dabei erst richtig lieben, wenn man ein bisschen älter wurde.
Als Kind war man natürlich klar auf der Seite von Alf, dem niedlichen Zerstörer, und empfand Willies vernunftgetriebene Notbremsen in Alfs Schaffen extrem spielverderberisch. Eigentlich war die Serie ohnehin nur Freuds Strukturmodell des Psyche, aber als gespielter Witz: Alf gab das triebhafte, destruktive Es, das stets handelt, ohne an die Folgen zu denken. Willie spielte das Über-Ich, den Normenhüter und Ethikwächter, der teils geduldig, teils strafend erklärte, warum man Katzen eben doch nicht aufessen darf, auch wenn man das gerne möchte.
Als Kind sah man das als langweilige Schiffsschaukelbremserei, weil Willie stets einschritt, bevor eine Situation komplett eskalieren konnte, und man fand es fies, wenn er Alf bei besonders schweren Vergehen aus dem Haus in die Garage verbannte. Etwas erwachsener findet man sich dann überraschend doch auf Willies Seite wieder, vor allem seinen klassischen Dreiklang aus Schreck, Resolutheit und Kapitulation beobachtet man irgendwann als klassische Krisenroutine an sich selbst, nachzuspielen mit drei klassischen Willie-Tanner-Sätzen: "Oh nein, wie ist denn das passiert?" - "Damit muss Schluss sein!" - "Ach, was rege ich mich auf."
Die Fäuste und um Fassung ringend
Willies aufrichtiger Furor, gepaart mit dem gleichzeitigen Wissen um seine Hilflosigkeit - diese Kombination machte seine Leiden so wunderbar nachvollziehbar. In dieser Grundhaltung ähnelte der Tanner-Vater einem anderen, großen Duldsamkeitswilli: Jenem Bienerich nämlich, der sich mit den Eskapaden einer gewissen Maja herumschlagen musste.
In einer Folge wird er vom FBI verhaftet, weil Alf Air Force One angefunkt hat, und seine Frau Kate besucht ihn im Gefängnis. "Möglicherweise war es ein Fehler von Alf, den Präsidenten anzurufen", sagt sie. Und Willie, in der Zelle herumtigernd, die Fäuste und um Fassung ringend, presst sich nur ein "möglicherweise" heraus, in dem alleine die ganze Einsicht in die Sinnlosigkeit menschlichen - und außerirdischen - Treibens liegt.
Man fragt sich ja manchmal, ab welchem Zeitpunkt man wirklich erwachsen ist: Ist es der erste Job, das erste Kind, der erste Nervenzusammenbruch? Womöglich ist es der Moment, in dem man von Team Alf ins Team Willie wechselt.
Am 26. Juni ist George Edward Maxwell Wright, der Schauspieler, der dem tapferen Willie sein Gesicht lieh, im Alter von 75 Jahren gestorben.

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